Wirkungsweise wichtiger Katalysatoren entschlüsselt
Die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff ist eine wichtige chemische Reaktion, auch im Hinblick auf die vermehrte Nutzung von Wasserstoff als Energieträger in nachhaltiger Mobilität. Ein internationales Forscherteam hat nun die Wirkungsweise eines Katalysators entschlüsselt.
Fabio Bergamin
Wasserstoff, insbesondere solcher, der «grün» hergestellt wurde durch die Spaltung von Wasser mit erneuerbarem Strom, gilt als Schlüsselelement einer zukünftigen nachhaltigen Mobilität. Einerseits kann Wasserstoff in Brennstoffzellen chemisch reagieren und zur Gewinnung elektrischer Energie benutzt werden. Damit können Elektromotoren angetrieben werden. Andererseits kommt er bei der Herstellung von synthetischen Flüssigtreibstoffen zum Einsatz.
Die Spaltung von Wasser mittels Strom (Elektrolyse) erfolgt durch zwei Reaktionen, von denen die eine nicht ohne die andere stattfinden kann: Die Entstehung von Wasserstoff und jene von Sauerstoff an je einem elektrischen Pol (Elektrode). Wasserstoffentwicklung und Sauerstoffentwicklung nennen Chemiker die beiden Teilreaktionen. Um den Gesamtprozess energieeffizienter zu gestalten, forschen Wissenschaftler am Einsatz neuer Materialien, die katalytisch wirken und somit die Teilreaktionen begünstigen. Diese sollen im Bereich der Elektroden zum Einsatz kommen.
Sauerstoffblasen, die an einem Elektrokatalysator bei der Spaltung von Wasser entstehen. (Bild: ETH Zürich / Matthias Frei)
Oberflächenchemie massgebend
«Bei der Erarbeitung von Katalysatoren für die beiden Teilreaktionen ist die Sauerstoffentwicklungsreaktion die weit grössere Herausforderung», sagt Javier Pérez-Ramírez, Professor für Katalyse-Engineering an der ETH Zürich. In einer neuen Arbeit hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin und unter Mitwirkung der ETH Zürich nun grundlegend neue Kenntnisse zu Katalysatormaterialien dieser Sauerstoffentwicklungsreaktion gewonnen: Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass für eine gute katalytische Leistung vor allem Vorgänge an der Oberfläche des Katalysators verantwortlich sind und weniger elektrochemische Vorgänge.
«Auch wenn es sich bei der untersuchten Reaktion um eine spezielle Form der Katalyse handelt, nämlich der Elektrokatalyse, folgt sie den bekannten Gesetzen von traditionellen katalytischen Reaktionen», sagt Guido Zichittella, Wissenschaftler in Pérez-Ramírez’ Gruppe. Diese Erkenntnis ist neu, denn bisher vermuteten Wissenschaftler, dass vor allem elektrochemische Vorgänge die Leistungsfähigkeit elektrokatalytischer Reaktionen bestimmen.
Katalysatoren mit bestimmter Aktivität
Die Wissenschaftler benutzten in ihrer Studie als Katalysator jenes Material, das heute in Forschungslabors für diese Reaktion am häufigsten verwendet wird: Iridiumoxid. ETH-Professor Pérez-Ramírez und seine Gruppe stellten Katalysatoren mit unterschiedlicher Aktivität her. Sie ersetzten dabei im Katalysator unterschiedliche Mengen von katalytisch aktiven Sauerstoffatomen durch katalytisch inaktive Chloratome. Diese Katalysatoren ermöglichten es, die Effekte der Oberflächenchemie getrennt von Effekten der Elektrochemie zu untersuchen.
Die neue Erkenntnis könnte bei der Entwicklung von leistungsfähigeren Elektrokatalysatoren sowie der Suche nach neuen, billigeren Katalysatormaterialen helfen, um auf nachhaltige, energieeffiziente und günstige Weise Wasserstoff herzustellen.
An dieser Forschungsarbeit waren Wissenschaftler des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft, der Technischen Universität Berlin, des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion, der ETH Zürich und des Istituto officina dei materiali in Triest beteiligt.
Literaturhinweis
Nong HN et al.: Key role of chemistry versus bias in electrocatalytic oxygen evolution. Nature, 18. Oktober 2020, doi: 10.1038/s41586-020-2908-2